Sonntag, 27. November 2011

Das Schweineherz

Es war einmal eine Zauberin, die war so schön, dass alle Männer und Frauen im Lande ihr zu Füßen lagen. Aber sie war eitel und wollte noch schöner und nicht älter werden. Also schlug sie ihr Zauberbuch auf und fand so einen Weg zu unvergänglicher Schönheit und ewiger Jugend.
Sie rief ihren Jäger zu sich und befahl ihm, die Kinder von der Straße zu holen, dass sie ihre Herzen essen könne, denn nur so würde die ewig schön bleiben. Der Jäger fügte sich der Zauberin, denn er fürchtete ihre Strafe, wenn er sich ihr verweigern würde. Und so sammelte der Jäger die Kinder von der Straße auf und brachte sie zur Zauberin.
Bald war die Zauberin weit über das Land hinaus für ihre Schönheit, aber auch für ihre Grausamkeit bekannt. Sie wurde immer schöner, umso mehr Herzen sie aß. Eines Tages kam der Jäger mit neuen Kinder zu ihr. Die Kinder weinten bitter und der Jäger wollte gar nicht aus den Händen geben, aber als er die Augen hob, um die Zauberin anzusehen, fiel er leblos um. Und so geschah es auch mit den Kindern, die die Zauberin ansahen.
Die Zauberin konnte sich das nicht erklären, also holte sie einen Hexer zu sich. Dieser aber wehrte sich dagegen von Angesicht zu Angesicht mit ihr zu sprechen. Die Zauberin ließ sich, erbost über das Verhalten des Hexers, eine Stellwand bringen, damit der Hexer mit ihr spreche. Die Zauberin trat hinter diese Wand und der Hexer trat herein. Er erklärte ihr, dass sie nun so schön sei, dass ein jeder, der sie anblicke, tot umfallen müsse. Denn sie habe so viel Tod in die Welt gebracht, um schön zu werden, dass jetzt auch ihre Schönheit todbringend sei.
Die Zauberin wies daraufhin jeden an, der mit reden wollte, eine Augenbinde zu tragen. Aber keiner außerhalb ihre Hauses durfte von diesem Umstand erfahren. Die Zauberin wurde immer einsamer und bitterer, denn niemand wagte es  mehr zu ihr zukommen. Aber sie ließ sich immernoch Kinder bringen, denn von ihrem Bestreben nach ewiger Schönheit hatte sie auch der Tod nicht abbringen können.
Und so kam es, dass eines Tages ein junges Mädchen mit einer Augenbinde in ihrer Halle stand und sie nach dem Geheimnis ihrer Schönheit fragte. Sie wolle auch so schön sein wie sie. Die Zauberin lachte und trat an das Mädchen heran. Nach vielen Jahren der Einsamkeit war sie das erste Geschöpf, was freiwillig zur Zauberin kam. Sie lud sie zum Verweilen ein, damit sie gemeinsam zu Abend essen können.
Eine Magd holte das Mädchen ab, badete es in einer Kammer und kleidete es in den schönsten Kleidern, die es je gesehen hatte. Sie geleitete es dann zum Abend zum Speisesaal und band dem Mädchen eine Augenbinde um, bevor es in den Saal trat.
Und so saßen sie an einer langen Tafel jeweils an einem Kopfende und die Bediensteten tafelten sie besten Speisen auf, die sie zuzubereiten fähig waren. Und sie legten präzise das Gedeck auf und auch so merkte man kaum, dass auch sie Augenbinden trugen. Das Mädchen sah nichts von dem, was sie aß, denn sie konnte ihre Augenbinde ja nicht ablegen.
Sie fragte wieder nach dem Geheimnis der Schönheit der Zauberin. Die Zauberin lachte hell und kalt wie schon beim ersten Mal. Das Geheimnis ihrer Schönheit werde sie nicht verraten, aber das Mädchen dürfe gern bei ihr wohnen und von ihr lernen. Das Mädchen willigte ein.
Aber lang hielt sie es nicht aus, das Schreien der Kinder und die auferlegte Blindheit. Und so kam es, dass sie Zauberin fragte, ob sie gehen dürfe. Aber der Zauberin war ihre Gefährtin lieb geworden und so schloss sie sie ein und holte sie gleich einem Spielzeug immer wieder heraus, wenn ihr nach Gesellschaft war.
Die Zauberin konnte ihr Geheimnis nicht lange für behalten und so erfuhr das Mädchen, bald nachdem es eingeschlossen wurde, dass sie Kinderherzen aß, um so schön zu bleiben. Das Mädchen wurde älter und langsam wurde aus ihr eine junge Frau. Ihr Herz wurde immer einsamer und sie wurde darüber sehr traurig. Sie überlegte sich eine List.
Sie ließ einen Küchenjungen zu sich kommen und bat ihn ein Schweineherz für sie kaufen und ihr zu zeigen, wie diese besondere Speise für die Zauberin zuzubereiten sei. Der Junge, der ahnte, dass das seine Freiheit bedeuten könne, besorgte ihr das Herz und zeigte ihr, wie man das Ragout für die Zauberin kocht.
Und so bereitete sie das Herzragout für die Zauberin zu und kündigte das auch der Zauberin an. Diese aß es nichts ahnend und freute sich sogar, dass ihre Gefährtin sie in ihrem Streben nach ewiger Schönheit unterstützte. Am nächsten Morgen schallte ein spitzer Schrei durch das Haus. Die Zauberin war beim Blick in den Spiegel tot umgefallen. Der Küchenjunge holte die junge Frau aus dem Verließ und sie flohen weit weg.
Dort wurde die junge Frau für ihre Schönheit bewundert und viele junge Männer baten um ihre Gunst, aber sie hielt zu dem Küchenjungen. Sie öffneten ein Wirtshaus namens "Zum Schweineherz" und wenn sie nicht gestorben sind, dann schenken sie noch heute Bier aus. Aber eines sollte es nie bei ihnen geben: Herzragout.

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