Mittwoch, 4. Juli 2012

Frühstück im Haarhaus

Horst stand am Abwaschblech. Er war trotz der Morgenwand aufgestanden und machte jetzt für sich und sein Drachenschwein Frühstück. Sie lebten gemeinsam in einem kleinen Haarhaus, das mit Baumabrieb funktionierte. Horst hielt nichts von diesem neumodischen Kopffahrzeugen. Dien Amphibienmist hätte das Drachenschwein zwar produziert, er wäre so ressourcenunabhängiger gewesen als mit dem alten Baumabrieb, aber er scheute die Nacktsteuer, die er hätte für den nackten Drachenschweinhintern zahlen müssen. Außerdem wäre die Fortbewegung auf den Gummirestestraßen nicht so reibungslos gelaufen, da der Baumabrieb den Schmierengummi der Straße besser fernhielt als das Kopffahrzeug.
Horst stellte gerade Teller auf die Sonnentafel, als die Birnenkäferschaft, seine Untermieter, die Küche betraten. Einer der kleinen Birnenkäfer hielt ein sonderbares Instrument in den Händen, welches schiefe Gitarrenlaute von sich gab. Dazu stimmten seine Begleiter ein Klagelied über ihren alljährlichen Sommerkater -Sonne wirkt bei Birnenkäfern wie beim Menschen Alkohol nur länger- und ihr Weihnachtssyndrom, was sie dazu zwang immer und immer wieder Weihnachtslieder zu singen, an. Man muss wissen, dass Birnenkäfer im Laufe des Jahres immer entweder an dem einen oder an dem anderen leiden, sie haben also immer etwas zu beklagen. Dies hier war nur eine weitere Küchendemo. während der sie Erwartungsgrafitti in Schokoladenschrift an die Wände malen würden und dann wieder abziehen.
Während dieser fast alltäglichen Prozession kam das Drachenschwein laut traschend herein. Ihm war bereits ein Anrufbart von stattlicher Größe gewaschen, so viel telefonierte es jeden Tag, besonders morgens, nachdem es sich aus seinem Kuschelzeug erhoben hatte und sich das Hosenzeug umgehangen hatte. Als es Horst und die lärmenden Birnenkäfer erblickt, schmiss es sein Telefon in die Richtung der Insekten. Er mochte sie und ihre Küchendemos nicht.
"Was gibt es zu essen?", grummelte das Drachenschwein und setzte sich an den Tisch. Der Stuhl knirschte leise unter seinem Hintern. In der Tat, Horst hätte eine besonders hohe Nacktsteuer dafür bezahlen müssen und das wollte er nicht unterstützen. Körperteile nach der Größe besteuern... Er schüttelte energisch den Kopf und stellte den Fängerkorb, den sie jede Nacht zum Brotfischen raushingen, vor das Tier: "Bordürenbrot, mehr war leider nicht drin."
Die Birnenkäfer räumten die Küche, als Horst und das Drachenschwein mit dem Frühstück begannen. "Wir müssen heute zum Umschlagtier, erinnerst du dich?" Die Antwort des Drachenschweins bestand aus einem langgezogenen Grunzen, was mehr ein Stöhnen war, aber das funktionierte nicht so recht. Horst schnitt das Bordürenbrot in appetitliche Happen und legte sie auf einen Teller: "Wir müssen deswegen nachher das Haufensegel spannen, um schneller der Bachrücken zu passieren. Ich will vor der Abenddämmerung dort sein."

Dieser Text ist im Rahmen von KAPER entstanden.

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